„Es tut mir-“ Dein Finger auf meinen Lippen, verschließt die Entschuldigung. Dein Blick unbestimmt. Ich versuche ihn zu erhaschen, aber kann ihn nicht sehen. „Nicht“ Hauchst du fast. Ich sehe wie sich deine Lippen bewegen, aber nichts kommt bei mir an. Ein Ruck durchfährt meinen vereisten Körper und ich drücke mich an dich. Meine Hände suchen Körper, wollen greifen und fassen und nicht verlieren. Meine Wange drückt sich gegen dein Oberkörper, da ans Schlüsselbein, in die Kuhle hinein, wie in ein vertrautes Bett. Ich merke, wie dein Finger um mein Kiefer streicht, wie eine andere Hand durch die Haare fährt und meinen Kopf noch fester an dich drückt. Es ist lange her, nicht wahr? „Es gibt nichts zu entschuldigen, wenn man lebt.“ Ich spüre deinen Mund nah an meinem Ohr, du flüsterst, damit es mein Trommelfell nicht zerreißt. Und egal wie leise du sprichst, verstehe ich dich immer. „Geh diesen Weg. Egal wie er sich anfühlt. Bei Gefühlen gibt es kein richtig und falsch. Was zählt sind Erinnerungen und Erfahrungen. Ich will das du sie alle machst.“ Du packst meinen Kopf wie einen Schatz zwischen deine Hände und zwingst mich dich anzusehen. Du brauchst mich nicht zu zwingen. „Gib nicht auf und entschuldige dich nicht.“ Du klingst als würdest du bleiben wollen, aber etwas verrät mir, dass du weiter fort gehst. Beinahe wie ein Abschied. Und mein Klammern wird noch etwas fester. Mir ist, als zitterst auch du, während du mich festhältst. Dein Atem, den ich in meinem Körper spüren kann, wird langsamer.
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Ich bin an einem seltsamen Punkt angekommen. Mein Leben besteht im Grunde aus nichts anderem als Warten. Warten, dass du dich meldest. Warten auf die nächsten zwei Wochen. Warten was passiert. Warten auf das Ende der Qualen. Warten, dass die Sonne wieder scheint. Warten auf den Tod. Warten, ewiges Warten.
Und ich weiß, dass ich diese Zeit dazwischen ausfüllen muss um nicht daran kaputt zu gehen. Es stimmt nicht, dass ich nicht weiß wie, aber ich weiß nicht wie ich es beginnen soll.
In die Pflege gehen? Mich mit Menschen ablenken? Ich hab ihren Geruch überall auf meiner Kleidung. Das Leben der Fremden riecht seltsam vertraut. Wenn ich die Fotos in ihren Schränken sehe, die Einfachheit ihres Lebens, das Gewöhnliche und das Besondere, ich kann mich nirgends darin finden. Bin ich so anders? Ich spüre ein Bedauern, ob ihres Schicksals und es sieht im ersten Moment so schaffbar aus, aber ich sehe nicht genau genug hin, weil ich befürchte, es würde mich zerreißen, mit welchem Schmerz sie zu leben haben. Könnte ich fähig sein, ihnen wenigstens einen kleinen Teil zurück zu geben oder wird es mich am Ende genauso treffen?
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Keine Ahnung. Alles ist so wund. Blut klebt überall. Ich fress Scherben, das ist es doch, oder? Das ist das Gefühl, das immer bleibt. Extreme tun niemanden gut. Sie laugen aus, sie verbluten von Innen. Ich puste wie immer gegen Windmühlen. Ist es am Ende nicht egal was ich tue, wenn ohnehin nichts davon bestand hat? Der Wert wird nicht erkannt, aber vielleicht liegt es ja an mir, weil ich nichts mit Gold schmücke, was so viel wertvoller als das ist. Ich bin müde, das ist alles. Immer wenn ich denke, ich kann nicht mehr, zerrt es das Fleisch von neuem auf.
Denn ich kann kaum atmen
Wenn deine Hände mich loslassen
das Eis wird dünner
Und meine Füße stützen sich selbst
Ich liege tot im Wasser
Suche immer noch nach dir
Ich liege tot im Wasser
Kannst du es nicht sehen
– Ellie Goulding „Dead In The Water“